Und wie gut ist Bordeaux 2012?

Nach den beiden Super-Jahrgängen 2009 und 2010 war Bordeaux nicht gerade vom Erfolg verwöhnt. 2011, 2012 und 2013 erinnerten mich eher an das Trio 1991, 1992 und 1993, nur das die Preise inzwischen deutlich höher liegen. Ich hatte seinerzeit davon abgeraten, diese Jahrgänge in Subskription zu kaufen. Jetzt kommen die 2012er in die Geschäfte. Lohnt es, da einen Blick drauf zu werfen?

Gespannt war ich auf die Verkostung der Union des Grands Crus de Bordeaux anlässlich der Düsseldorfer Prowein. Im letzten Jahr war diese Verkostung, auf der es um die 2011er gegangen wäre, zum ersten Mal seit langen Jahren ausgefallen. Jetzt mit 2012 traute man sich wieder. Gut, die ganz großen Namen waren nicht da. Die sitzen nicht nur preislich noch auf sehr hohem Ross und haben die Niederungen einer solchen Verkostung nicht mehr (oder noch nicht?) nötig. Aber das war nicht weiter schlimm. Denn von denen kommt, wenn sich preislich nichts Deutliches tut, auch nachträglich nichts in meinen Keller.

Die Verkostung war wie üblich ein ziemlich überfüllter Stehkonvent mit heftigem Kampf um die Spucknäpfe. Ich verzichte hier auch auf eine detaillierte Bepunktung der Weine, denn von einer richtig professionellen Verkostung konnte da nicht die Rede sein. Aber darum ging es mir auch nicht. Ich wollte einen grundsätzlichen Eindruck von der Qualität des Jahrgangs bekommen, und das war mit weit über 50 probierten Weinen durchaus möglich. Schließlich handelte es sich hier nicht um Fassproben, sondern um vor längerem abgefüllte Weine, die so jetzt auch in den Handel kommen.

Mein wichtigster Eindruck: Die 2012er sind verdammt gut gelungene, saftige, fleischige Weine mit weichen, runden Tanninen, wenig Säure und mäßigem Alkohol, die sich im jetzigen Stadium mit der Primärfrucht und der jugendlichen Röstaromatik bereits sehr gut trinken lassen. Anscheinend wurde auf den Chateaus auch streng selektioniert, denn grüne oder unreife Noten waren kaum spürbar. Nur im Abgang haperte es meist etwas. 2012 ist kein Jahrgang, den man für die Nachfahren kauft. Der ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, für den frühen Genuss in den nächsten 5-10 Jahren.

Die alte Bordeaux-Regel: „In den großen Jahren kauft man kleine Weine, in den kleinen Jahren kauft man große Weine“ gilt in 2012, einem kleinen Jahr, ausdrücklich nicht. Warum? Weil erstens die großen Weine erheblich zu teuer sind, und weil zweitens die kleineren Weine eine erstaunliche Qualität aufweisen. Und damit kämen wir zu meinen ganz persönlichen Favoriten.

Mein absoluter Favorit nicht nur aus Pessac, sondern für mich auch die Überraschung der gesamten Verkostung war Carmes Haut Brion. Ein echter, druckvoller Knaller mit röstiger Fülle und viel Trinkspaß. Kommt in jedem Fall in meinen Keller. Dicht dahinter der sehr gut gelungene Smith Haut Lafitte. Gut gefallen hat mir auch der sehr elegante, charmante Domaine de Chevalier.

Schönster Wein unter den St. Emilions für mich der Canon-la-Gaffelière, ein echter Grandseigneur, elegant, finessig, aber auch mit viel Substanz.

Große Überraschung dann bei Pomerol der Croix de Gay, der die daneben stehenden Gazin und Clinet deutlich überstrahlte. Der hatte so eine geile, röstige Kaffee-Schokonase und soviel Schmelz am Gaumen, da fiel das Spucken verdammt schwer. Sicher ein echter Preis-/Leistungshit. Gut gefiel mir auch der Bon Pasteur, ein feiner Schmeichler.

Recht schmalbrüstig war Pauillac auf dieser Probe vertreten. Batailley, Clerc Milon un Armailhac waren gut gemachte, solide Weine, die mich aber nicht vom Hocker rissen.

Anders sah es bei St. Julien aus. Begeistert hat mich Talbot. Mit seiner feinen, eleganten, burgundischen Art ist das für mich ein absoluter Musskauf. Gefiel mir deutlich besser als z.B.Gruaud Larose. Die zweite, große Überraschung war für mich der sehr gut gelungene Beychevelle, auch der eine unbedingte Empfehlung. Deutlich mehr Zeit werden Leoville Poyferré und Léoville Barton brauchen, die sich als vergleichsweise langlebig erweisen dürfte.

Nächste Überraschung war für mich aus Margaux der preiswerte Labégorce, der mir besser als die daneben stehenden Rausan-Ségla und Lascombes gefiel. Ein eleganter, absolut stimmiger Margaux. Sehr gelungen für mich auch Monbrison und Ferrière.

Ja, in dem Jahrgang gibt es interessante Weine und ausgesprochene Schnäppchen. Was Sie jetzt tun könnten, wenn Sie sich für Bordeaux 2012 interessieren: nicht soviel lesen und auch das Internet als Einkaufsquelle mal hinten an stellen. Besuchen Sie einfach mal eine oder mehrere der Arrivage-Proben bei Weinhändlern Ihres Vertrauens. Lassen Sie die Weine auf sich wirken, und überlassen Ihrem Gaumen die Entscheidung, welche Weine für die nächsten Jahre in Ihren Keller oder Klimaschrank gehören. Denken Sie daran, Punkte kann man nicht trinken. Also unbedingt die Ankunftsproben im Handel nutzen, die großen Namen ruhig vergessen und bezahlbare Weine mit gutem Preis-/Genussverhältnis herauspicken.

Und was ist mit Bordeaux 2014?

Die Kaffeesatzleser dieser Welt haben sich in diesen Tagen zu den Primeurverkostungen des noch unfertigen Weines in Bordeaux versammelt. Ein perfekter, sonniger, trockener September hat da wohl nach einem eher schwierigen Sommer zu guten Ergebnissen geführt. Lassen wir uns überraschen, vor allem auch bei den Preisen. Und genau die bereiten mir Kopfschmerzen. Eigentlich wäre eine weitere Preisreduzierung bei Bordeaux fällig. Und genau die hat es jetzt im Vorfeld bereits gegeben. Nein, nicht für Sie und auch nicht für mich. Aber für alle, die mit dem deutlich erstarkten Dollar oder dem Schweizer Franken einkaufen. Ein geniales Exportförderungsprogramm für Bordeaux. Nur wer im Euroraum lebt und mit mit dem schwachen Euro einkaufen muss, hat das Nachsehen.

Ich werde mich zu gegebener Zeit noch mal ausführlicher zur Bordeaux 2014 Subskription melden.