Dezember 2014

Auf Jörg Müllers Weihnachtsmarkt I

Eigentlich bin ich kein großer Fan von Weihnachtsmärkten. Zu voll, zu laut, immer dasselbe Zeugs und dann dieser greusliche Glühwein. Da macht Deutschlands kuscheligster Weihnachtsmarkt bei Jörg Müller schon mehr Spaß. Der musste zwar in diesem Jahr etwas Federn lassen, weil eine dieser unsäglichen Behörden sich produzieren musste und plötzlich nicht mehr ging, was lange Jahre vorher ging. Die sollte man….. Ich lass es, sonst verkommt der Wineterminator hier zur mit Fäkalien gespickten Schimpfkanonade. Aber es ist einfach ätzend, wenn in diesem Lande pensionsberechtigte, vermeintliche Ordnungshüter ohne Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge (warum auch, die werden ja von Steuergeldern bezahlt) engagierten Unternehmern Knüppel zwischen die Beine schmeißen.

Jörg Müller hat das beste daraus gemacht, und wir haben im Kreise vieler Sylter Freunde und später auch mit JM selbst einen wunderschöner Abend genossen. Dazu kamen ein paar prächtige Preis-/Leistungssieger Magnums aus der grandiosen 1300+ Positionen zählenden Weinkarte auf den Tisch. Immer noch taufrisch mit süßer Frucht und Fülle der 2002 Montepeloso Eneo – WT90. Rustikal mit erdiger Mineralität der 1999 Le Cèdre vom Chateau du Cèdre aus Cahors – WT89. Überraschend gut der 1996 Chasse Spleen, der beste seit 89/90 und jetzt in wunderbarer Trinkreife, für mich die Überraschung des Abends – WT92. Und dann setzte natürlich der großartige 2000 Grand Puy Lacoste noch eins drauf, diese gelungene Wiedergeburt des 82ers, jung zwar mit genügend Struktur und Rückgrat für Jahrzehnte, aber einfach unwiderstehlich gut im Glas – WT95.

Auf Jörg Müllers Weihnachtsmarkt II

Was für ein Wahnsinnsabend auf Jörg Müllers Weihnachtsmarkt. Wir haben es uns am späten Nachmittag auf der überdachten und angenehm temperierten Terrasse gemütlich gemacht. Hunrig blieben wir nicht. Raclette und getrüffelter Flammkuchen von einem der Weihnachtsmarktstände und eine traumhaft gute Seezunge aus dem Restaurant schafften die Grundlage für ungetrübten Weingenuss, Gespräche mit vielen Freunden den richtigen Rahmen. Immer wieder bestellte irgendjemand irgendetwas. Schon irre, was sich da mit der Zeit an Flaschen anhäufte. Drei deutsche Magnums machten den Anfang. Gut trinkbar war der 2009 Idig Spätburgunder GG von Christmann, kräuterig, floral, etwas verhalten, kommt an den weißen Idig nicht dran – WT88. Da war der 2005 Wildenstein Späburgunder R von Huber schon ein anderes Kaliber, sehr elegant und finessig mit feiner Frucht, mineralisch und burgundisch im besten Sinne – WT93. Immer noch so jung der 2005 Philippi Pinot Noir, ein kräftiger, immer noch etwas holzbetonter Wein mit enormer Substanz, dem man aus kühlen Kellern wie dem von Jörg Müller noch ein paar Jahre geben sollte – WT90+. Schlichtweg sensationell der 1992 Batard Montrachet von Sauzet, immer noch taufrisch mit guter Säure, wunderbare Nase, die berühmten „wet stones“, wurde im Glas immer größer und länger, ein Musterbeispiel eines großen Weißen Burgunders – WT97. Als Bordeauxfreak kannte ich 1992 bisher nur als schlappes Jahr. Aber was ich da in der letzten Zeit weiß wie rot aus Burgund getrunken habe war wirklich begeisternd. Das galt auch für den nachfolgenden 1996 Chambolle Musigny Amoureuses von Roumier, der mit seiner verschwenderischen Fülle, der reifen, süßen Kirschfrucht und der enormen Kraft und Struktur einfach anmachte – WT95. Erstaunlich gut hat sich der 1979 Costa Russi von Gaja gemacht, den ich zuletzt 2008 im Glas hatte. Trotz heller Farbe kräftig und rustikal im Auftritt mit animalischen Noten und kräftiger Säure – WT90. Ein seidig eleganter Traum in bester, burgundischer Art mit feinem Schmelz als Abschluss der 2009 Gantenbein Pinot Noir

Beim Toni

Yves Beck, der Schweizer „Beckustator“ war schon am Vorabend unserer Magnum Best Bottle angereist. Da bot es sich an, bei und mit Toni Askitis im D’Vine ein paar schöne Weine zu verkosten.

Als Apero bot mir Toni ein Glas 2011 Idig GG von Christmann an. Das war gut gemeint. Nur wirkte der Idig im jetzigen Stadium wie so viele 2011er GGs ziemlich verschlossen. Na gut. Schnell weiter zur mitgebrachten 2001 Künstler Hochheimer Hölle Auslese trocken, vor einiger Zeit stolz ersteigert. Was ist denn das, meinte Toni als der die Flasche öffnete, ein Kunststoffpfropfen. In der Tat da war so ein Kunststoffteil drin. Ich hatte häufiger schon Horrorgeschichten über Künstlers damalige Versuche mit Kunststoffkorken gehört, doch das hier war die erste Flasche, die mir davon unterkam. Probieren geht über studieren, also rein ins Glas. Cognacfarben, oxidiert, grausame Nebentöne, nein, der konnte nur in die nächste Tonne. Da werden wohl auch die weiteren Flaschen landen, die ich davon noch habe. Es gibt Leute, die verkaufen solche Flaschen dann über Ebay weiter, aber das ist mit meiner Weintrinker-Ehre nicht vereinbar. Der Toni hatte von eben dieser 2001er Hölle Atr noch Flaschen mit Naturkork, also schnell den Vergleich gemacht. Ein sehr feiner, mineralischer, balancierter Wein. Nicht mit Druck und Länge dessen, was ab 2002 unter diesem Namen vermarktet wurde, aber gut zu trinken – WT90.

Weiter ging es mit einem 2001 St. Pierre Grande Année, einem Petite Arvine aus dem Barrique von John & Mike Favre. Ein sehr mineralischer, frischer, im positiven Sinne schlanker Wein, weiße Trüffel, frische Mandarinen, absolut stimmig und erstaunlich groß – WT94. Die nächst Überraschung war ein 1981 Franc Bigaroux, ein St. Emilion Grand Cru, bei Sylvies als unvermeidlicher Beifang eines großen Lots erworben. Versprochen hatte ich mir davon überhaupt nicht. Aber was für ein Wein! Wunderbar die rauchige, füllige, generöse Nase. Am Gaumen noch so frisch, komplex, dicht und lang, ledrig, fruchtige Fülle mit Maulbereren am Gaumen. Mit WT93 war ich der geizigste am Tisch. Aus dem selben Lot ein 1970 Rouget aus Pomerol, Das war ein straffer, klassischer 70er mit immer noch deutlichen, ruppigen Resttanninen, mit dichter, junger Farbe, aber auch etwas altem Fass – WT88. Schlichtweg sensationell ein 1992 Chapelle Chambertin von Pierre Damoy, ein kompletter, riesengroßer Burgunder mit Kraft, Druck, Länge und finesse – WT98. Dem guten Yves kamen bei diesem Wein die Tränen. Da konnte einem der danach getrunkene 2011 Pinot Noir Les Palins von Hasler aus Twann in der Schweiz nur leid tun. Klar war das ein sehr schöner, gut zu trinkender Wein. Aber im Vergleich zur gigantischen Struktur des 92ers war er einfach zu süß, zu fruchtig, einfach just too much. Jammern auf hohem Niveau – WT90. Auch der nächste Wein, ein 1991 Tondonia Gran Reserva von Lopez de Heredia aus Rioja wirkte durch die spürbare, amerikanische Eiche recht süß, zeigte aber auch großartige Struktur und Fülle – WT93.

Il Caberlot Vertikale

Nur in Magnums gibt es diesen Wein aus der Toskana, und entsprechend selten ist er. Aber ist er auch so gut wie er selten ist? Eine feine Vertikale im Dezember im D´Vine gab darauf die passende Antwort.

Mit dem Erstlingsjahrgang 1988 und nur 350 Flaschen startete eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte. Das deutsche Ehepaar Bettina und Wolf Rogowski hatte einen Rebberg mit einer wohl eher seltenen Rebsorte bepflanzt, dem Caberlot. Dabei handelte es sich angeblich um eine natürliche Kreuzung aus Cabernet Franc und Merlot. Und unter dem Namen der Rebsorte entstand der Il Caberlot, von dem es in jedem Jahr nur ein paar tausend Flaschen gibt, ausschließlich Magnums.

Mit dem jüngsten, vom Weingut gestifteten 2011 Il Caberlot begann unsere Probe. Noch sehr jung mit Babyspeck, aber trotzdem sehr guter Struktur, süße, kirschige Frucht, Bittermandel, Minze, jugendliche Röstaromatik, rauchige Noten, Kaffee, enorme Substanz und große Zukunft, der bisher beste Il Caberlot? – WT95+. Trotz schlankerer Konturen sehr kräftig mit superber, intensiver Frucht und enormem Tiefgang der immer noch jugendliche und sehr frische 2009 Il Caberlot, würzig, mineralisch mit etwas Lakritz und bei aller Kraft sehr elegant – WT94. Sehr charmant, füllig, mineralisch und rauchig, aber nicht sonderlich komplex der 2005 Il Caberlot – WT92. Erstaunlich gut präsentierte sich der 2003 Il Caberlot, obwohl man ihm das heiße Jahr sehr deutlich anmerkte, immense Fülle, sehr reife Frucht, fleischig, Zedernholz, Tabak, aber wenig Säure und Struktur. So what – er machte trotzdem Spaß – WT93. Auch der 2002 Il Caberlot war nun nicht gerade ein Wein, den man ausspucken musste. Klar, da war nicht viel dahinter und er wirkte etwas dünn, ein typischer Vertreter dieses schwachen Jahrgangs halt, aber sehr gefällig und gut trinkbar – WT88. Ein Traum und sicher die Messlatte für den 2011er der 2001 Il Caberlot, immer noch sehr kraftvoll im Auftritt, keinerlei Alter, schöne Frucht, Tabak, Leder, Bitterschokolade, sehr elegant am Gaumen, ein Volltreffer und der wein des Abends – WT96. Der 2000 Il Caberlot war weicher, reifer, üppiger mit süßem Schmelz, aber im Vergleich zu 2001 auch deutlich simpler gestrickt – WT91. Sehr überzeugend der 1999 Il Caberlot mit irrer Frucht und enormem Druck am Gaumen, dabei immer noch so frisch und vibrierend – WT94. Ein großer, stimmiger Wein mit süßer Frucht, Kraft, Fülle und Länge der 1997 Il Caberlot, der immer noch eine gute Zukunft haben dürfte – WT94. Im Vergleich dazu sogar noch etwas jünger wirkend der großartige 1994 Il Caberlot, ein kompletter, großer, stimmiger Wein, mit süßer Frucht, feinem Schmelz, enormem Druck am Gaumen und guter Länge – WT95. Würde ich jederzeit nachkaufen. Las not least dann der kraftvolle 1993 Il Caberlot mit eher dunkler Frucht, sehr dichter Farbe, wiederum sehr kräftig und leicht animalischer Nase – WT92.