Cellar Devils Dinner 2023

„Hijacked by Düsseldorf Cellar Devils“ titelte unser Freund Jeff Leve, bekannter Weinkritiker und Autor von www.winecellarinsider.com seinen Bericht von seinem ersten Besuch 2012 hier bei uns in Düsseldorf. Seitdem ist dieses Cellar Devils Dinner immer im Frühjahr nach den Primeur Verkostungen Tradition und als hochkarätige Best Bottle ein Fixpunkt in unserem Probenkalender.

Verstärkt wurden die Cellar Devils in diesem Jahr von Devils aus Köln, Frankfurt, Dorsel und der Schweiz. Was da zu einem hochkarätigen Menü von Holger Berens perfekt zelebriert von Barbara Beerweiler in die Gläser kam, setzte wieder neue Maßstäbe.

Start war einer der großen, kalifornischen Chardonnays, der 2014 Cuvée Indigene von Peter Michael. Dieser spontan mit Naturhefen vergorene Wein war sehr dicht und kräftig mit präziser, burgundischer Frucht, Zitrus und reifer Apfel, am Gaumen dann die eher kalifornische Fülle mit fast etwas öliger Textur, dazu gute Mineralität und großartige Länge – WT97. Sicher ein Wein, der gut altern kann.

Schlichtweg spektakulär und in bestechender Form und optimaler Trinkreife, die er jetzt seit etwas über 10 Jahren zeigt, der 1989 Clos St. Hune Vendange Tardive von Trimbach. explosiv schon die füllige Nase, nur ein dezenter Hauch von Petrol, reife Frucht, Zitrus, Ananas, leicht karamellige Süße, auch am Gaumen Pracht und Fülle, sehr mineralisch, enormer, aromatischer Druck, dabei so stimmig und elegant und nicht enden wollender Abgang. Die feine Restsüße ist durch die gute Säure inzwischen perfekt eingebunden. Ein großer, legendärer Wein, der sicher noch mal 10 Jahre oder auch länger vor sich hat – WT99. Klar, da konnte der schon leicht gezehrte, aber immer noch so elegante, mineralische und gut zu trinkende, trockene 1986 Clos St. Hune mit guter Säure nicht mit. Trotzdem sehr erstaunlich für einen 37 Jahre alten, trockenen Wein, noch dazu aus einem eher schwierigen Jahrgang – WT92.

Ehrfurcht war angesagt für einen 1915 Chateau Margaux in einer Händlerabfüllung aus diesem schwierigen Kriegsjahr. Erstaunlich, dass dieser 108 Jahre alte Senior überhaupt noch trinkbar war. Natürlich war die Nase reif und auch die Farbe. Aber der Margaux zeigte mit erstaunlich kräftiger Säure und malziger Süße noch so viel Leben und gewann mit Luft. Da kommt dann sogar der strenge Weinbuchhalter in mir noch auf WT90. Für den Weinenthusiasten liegt die Bewertung eines solch einmaligen Erlebnisses natürlich deutlich höher. Gekauft hatte ich diese Trouvaille übrigens mutig bei Uwe Bende aus Dorsel, der mit am Tisch saß.

Und dann gleich die nächste Überraschung. Der 1952 Hermitage von Jaboulet-Ainé hatte zwar eine reife Farbe, war aber noch so voller Leben und baute unglaublich im Glas aus. Feine Frucht, Kräuter, etwas speckig mit erdiger Mineralität, dabei so elegant und balanciert mit feinem Schmelz und guter Säure – WT97. Der edel-rustikale, kräftige 1978 Barca Velha von der Casa Feirreirinha aus dem Douro in Portugal im anderen Glas war deutlich jünger mit sehr schöner Frucht und dezenter Süße, zeigte tolle Länge und kein Alter – WT95.

Sehr gespannt war ich den vor einigen Jahren als Risikoflasche erworbenen 1919 Lafite Rothschild in einer schwer zu identifizierbaren Händlerabfüllung. Aber war da aus diesem schwierigen Nachkriegsjahr 8im Burgund war der Jahrgang im Gegensatz zu Bordeaux legendär) war einfach Klasse. Feine, rotbeerige Frucht, gute Mineralität, so stimmig und betörend, so balanciert mit immer noch guter Länge, einfach diese unendliche Eleganz eines großen Lafites. Da ist der Buchhalter schnell bei WT97. Für dieses einmalige, emotional berührende Erlebnis reichen eigentlich WT100 kaum. Für viele von uns war das der Wein des Abends. Da konnte der 1937 Leoville Barton aus der Magnum fast leid tun, denn der hätte auch eine große Bühne für sich verdient. Für den in Bordeaux nicht besonderen Jahrgang (auch hier liegt Burgund wieder weit vorne) war der erstaunlich komplett und groß, etwas kompakt, feine, rotbeerige Frucht, Kaffee, schöne Süße und tolle Struktur – WT94.

Mit burgundischer Eleganz und verschwenderischer Süße, reifer Erdbeere, viel Kaffee, Mokka und dunkler Schokolade, verwöhnte uns der würzige, geniale 1969 Clos des Papes, ein großartiger Chateauneuf – WT97. Überraschend schön auch der 1971 Cornas Chante-Perdrix von Delas mit roten Früchten, Garrigue, feiner Süße, schmelziger Fülle, aber auch Kraft und Länge – WT95.

Hob die jungen, hochgelobten, alkoholreicheren Bordeaux mal so gut reifen wie die Klassiker? Dieser 1970 Calon Ségur aus der Magnum hat lange gebraucht. Sehr tanninreich war dieser Wein noch in den 80ern und Anfang der 90er. So habe ich diese Magnum schlicht und einfach im Keller vergessen. Jetzt, im zarten Alter von 53 Jahren zeigte sie ihre volle Klasse. Zeigte sich altersfrei mit dichter Farbe, feiner rotbeeriger Frucht, mit fantastischer Struktur und soviel Kraft, mit Graphit Mineralität, erstem, feinem Schmelz und fantastischer Länge, einfach ein kompletter, perfekt gereifter Bordeaux – WT96. Auf Chateau Figeac in St. Emilion werden derzeit großartige Weine produziert. Kein Wunder auf diesem hervorragenden Terroir, dass auch früher schon legendäre Weine hervorbrachte. Eindrucksvoll zeigte das dieser 1959 Figeac in einer deutschen R&U Abfüllung. Ein echter Gigant mit dichter Farbe, sehr kräftig, aber auch elegant und balanciert, vollmundig, fleischig mit immer noch so saftiger Frucht, feinem, süßem Schmelz, Kaffee, Trüffel und einem sehr langen Abgang. Dazu hat dieser 64jährige Wein, und das finde ich absolut irre, noch eine große Zukunft – WT97+.

Noch etwas besser kenne ich diesen 1978 Margaux, den Wein, mit dem Margaux damals wieder aus der Versenkung auftauchte. Aus der Flasche hier hatte er leider zu Anfang einen leichten Stich, wurde dann aber besser. Der hatte noch soviel Substanz, da kommt noch richtig was. Der feine Schmelz und die Eleganz waren schon da – WT93+. Korkig war leider der 1975 Biondi Santi, sonst so ein großartiger Wein. Spontan dachte ich hier an 1985 Heitz Martha´s Vineyard, von dem auch so viele minzige Flaschen unter einem deutlichen Fehlton leiden.

Zum Niederknien der nächste Flight. Zwei große Lafleurs nebeneinander, das passiert nicht jeden Tag. Der 1995 Lafleur war voll und sehr kräftig, noch sehr jung, aber trotzdem mit göttlicher Fülle, einem sehr langen Abgang und mit starkem Rückgrat für lange Alterung – WT96. Der 1971 Lafleur war aus dieser Flasche schon reif, aber immer noch kräftig und voller Finesse. Er zeigte diese typische Lafleur Aromatik aus Kräutern, Minze und Lakritz mit feinem Schmelz, eine hedonistische Lafleur Version mit immensem Reiz – WT98.

Die Cellar Devils hatten wirklich tief in ihren Kellern gegraben. Schon wieder kam jetzt ein geradezu spektakulärer Flight. Und da wir, von Barbara Beerweiler perfekt als Flights zusammengestellt, die Weine blind ins Glas bekamen, konnte jeder Wein unbelastet von Jahrgang und Namen zeigen, was er draufhatte. Und genau das tat dieser geradezu irre gute 1966 Haut Brion, den ich noch nie auch noch annähernd so gut im Glas hatte. Aus einer perfekten Flasche war der noch so jung, so dicht mit soviel Grip, mit großartiger Frucht, feinster Paprika, Tabak, Cigarbox und einer schier unglaublich perfekten Struktur, die eher auf 1989 hindeutete als auf 1966. Klar blieb ich bei dieser blind gegebenen Bewertung von WT99. Nur Laien passen nach dem Aufdecken die Bewertung aufs Etikett an. Und neben dem Haut Brion stand eine Messlatte vom Allerfeinsten. Dieser perfekte 1971 Petrus war wieder die Kraft und die Herrlichkeit, Hedonismus in seiner allerschönsten Form – WT100.

Zwei kalifornische Legenden dann im nächsten Flight. Der 1968 Inglenook Cabernet Sauvignon aus einem guten Kalifornien Jahrgang ist normalerweise ein schöner Wein auf solidem WT94 Level. Aber hier kamen deutliche Oxidation und ein heftiger Kork zusammen, fürchterlich. Dafür war der 1974 Mayacamas Cabernet Sauvignon aus perfekter Flasche wie vom anderen Stern und wurde seinem Ruf als unsterbliche Kalifornien Legende voll gerecht. Das war ein großer, kompletter Wein mit dichter Farbe. In der attraktiven Nase reichlich Minze, Eukalyptus, frisch gemahlener, Schwarzer Pfeffer und Leder, am Gaumen so balanciert und elegant mit exzellenter Struktur und schöner Länge – WT100.

Und es hörte nicht auf. Der 1990 Clinet zeigte sich als genialer, kräftiger, immer noch so junger Pomerol mit großer Zukunft, der sich immer weiter an den legendären 89er ran robbt – WT96. Großartig auch der 1975 Mayacamas Cabernet Sauvignon, sehr minzig mit schöner, rotbeeriger Frucht, dichter und kräftiger als der 74er auch noch jünger und mit viel Potential, aber ohne den Schmelz des 74ers – WT97+.

Und als Abschluss kamen noch zwei Neue Welt Giganten ins Glas. Der 1996 Ridge Monte Bello war ein sehr kräftiger, eher maskuliner Traum, wirkte immer noch sehr jung, konzentriert, dabei so geradlinig mit präziser Frucht, einfach puristisch schön mit ungeheurem Druck am Gaumen, ein Wein mit gewaltigem Potential, der sich nahtlos in die Reihe der größten Monte Bellos einreiht – WT97. Auch der 1991 Penfolds Grange wirkte noch so jugendlich frisch und elegant mit tiefdunkler Farbe ohne jedes Alter, traumhaft süße, aber geradezu kühle Frucht, wie ein Eisbonbon von der Schwarzen Johannisbeere, ätherische Noten, Eukalyptus, einfach hedonistisch schön mit opulenter Süße, aber auch gewaltiger Struktur und genügend Substanz für lange Jahre – WT97.

Und nach der Probe ist halt vor der Probe. Spätestens im nächsten Frühjahr findet mit Jeff Leve das nächste Cellar Devils Dinner statt. Mal sehen, wer sich dafür noch als Nachwuchs-Kellerteufel qualifiziert.

Und alle bisherigen Proben stehen hier im jeweiligen Probenjahrgang, die allererste im Archiv. Da lohnt intensives Nachlesen.