Das Wein Sommerfest

Das Wein Sommerfest

Im Hof des Passion du Vin starteten wir ein feines, sommerliches Weinfest, für das ich tief in den Kellergegriffen hatte. Dabei bin ich bei einigen Weinen auch voll ins Risiko gegangen, was teilweise mit geradezu unverschämtem Flaschenglück belohnt wurde. Kulinarisch wurden wir bei bestem Wetter von Küchengott Holger Berens verwöhnt, der uns ein fantastisches Risotto de Mariscos, also ein Meeresfrüchte Risotto nach portugiesischem Originalrezept a la minute in einem großen Pott zubereitete.

Als erstes kam eine ältere Flasche, die ich vor 8 Jahren aus Neugier auf einer belgischen Auktion erworben hatte. Würde dieser 1948 Würzburger Stein Riesling vom Hofkeller in Franken noch trinkbar sein? Egal, da mussten wir jetzt durch. Nein, Hochgenuss war das keiner. Dörrobst, etwas Kaffee, oxidative Noten und verdammt staubiger Restcharme, da bleiben nur aus Ehrfurcht vorm Alter noch großzügige WT85. Da war der noch so blutjunge, schlanke, präzise 2018 Frauenberg Riesling GG von Julian Haart schon ein anderes Kaliber. Ein spannender Wein noch dem Motto Mosel trifft Rheinhessen mit feiner, animierender Frucht, toller, rassiger Säurestruktur, Jodnote und intensiver Mineralik, der noch enormes Potential haben dürfte – WT94+. Der sehr rare, weiße 2014 De Sante Old Vines von einem uralten, 1880 bei St. Helena in Kalifornien angelegten Weinberg, zeigte sich mit den für einen kalifornischen Wein erstaunlich niedrigen 12% Alkohol erstaunlich kräftig und komplex – WT94.

Sehr gelungen war auch der Auftritt zweier schöner, portugiesischer Weine von Dirk Niepoort. Die passten zum Holgers traumhaftem Risotto wie Pott auf Deckel. Der immer noch jugendliche, robuste 2005 Batuta war mit dunkler Frucht enorm kräftig, druckvoll und lang mit durchaus noch präsenten Tanninen – WT95. Der 2005 Charme war ein sehr eleganter, aber durchaus kräftiger, immer noch jugendlich wirkender Schmeichler mit burgundischen Konturen – WT95. Beide Weine hatte ich vor einigen Jahren aus perfekter Lagerung in OHKs erwerben können.

Ein echter Publikumsliebling war an diesem Nachmittag der 2000 Gantenbein Pinot Noir. Der war so fein und elegant, burgundisch im besten Sinne mit schöner Kräuternote, cremiger Textur und göttlichem Schmelz – WT96. Auf gleichem Niveau zeigte sich der perfekt gereifte 1978 Corton Clos du Roy von Michel Voarick, ebenfalls o elegant mit einer verschwenderisch süßen Nase – WT96.

Aus Burgund müssen es nicht immer die großen Namen sein. So war ein einfacher 1955 Vins Fins de Côte de Nuits von Ligeret eine echte Überraschung. Der war so fein und bekömmlich mit schöner Frucht, guter, reifer Säure und viel Kaffee und hatte genialen Trinkfluss und tolle Länge – WT95.

Und mit den Überraschungen ging es weiter, diesmal mit einem Wein aus dem schwierigen Geburtsjahr des Hausherrn Michael Krieg. Dieser 1977 Goyenechea Cabernet Sauvignon aus Argentinien war sehr elegant, filigran, finessig, mit viel Kräutern, burgundisch im besten Sinne, auch am Gaumen schön mit feiner Süße, altersfrei, und das alles mit sympathischen 12,7% Alkohol – 92/100.Großes Glück hatten wir auch mit dem 1987 Cyril Henschke Cabernet Sauvignon von Henschke aus Australien. Er war noch voll intakt, sehr minzig mit cremiger Textur und schöner Länge – WT93. Sehr erstaunlich für diesen eher schwächeren, kühlen Australien Jahrgang.

Der 1967 La Rose Pauillac vom Groupment de Viticulteurs de Pauillac-Haut Medoc zeigte sich gut gereift, erstaunlich dicht mit tiefdunkler Farbe, druckvoll und mit feiner Süße - WT93.

Schichtweg atemberaubend war der 1998 Harlan Estate in wunderbarer Kombination aus einer Bordeaux-ähnlichen Struktur und dieser betörenden, süßen, dunklen kalifornischen Frucht. Ein dichter, kräftiger, komplexer Wein mit genialer Länge, der sicher noch lange Jahre vor sich hat – WT98. Und wer meinte, er hätte jetzt den Höhepunkt unserer Verkostung erlebt, der wurde eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Kalifornien hieß es sofort am Tisch, als der nächste Wein ins Glas kam. Das war einfach so ein geiler, fas altersfrei wirkender Wein mit traumhafter Frucht, guter Säure, perfekter Struktur, genialer Jugend und Dichte. Bei dem stimmte einfach alles, und das war schlichtweg Perfektion, dieser 1959 Gruaud Larose – WT100. Solch ein Flaschenglück macht verdammt glücklich.

Ein immer noch so frischer, fruchtiger, leicht exotischer Traum war danach meine letzte Flasche dieses einmaligen 1999 Trilogia von Christos Kokkalis aus Griechenland – WT95. Bin ich jetzt traurig, weil das die letzte Flasche war? Nein, ich war glücklich, dass der Trilogia so gut war. Und ich freue mich um so mehr auf meine letzte Magnum.

Als Grand Vin im besten Sinne zeigte sich danach der superbe 1999 Newton Grand Vin. Der war einfach zeitlos schön und frisch mit jugendlicher, dunkler Frucht, Minze, einem Hauch Eukalyptus und großartiger Struktur – WT96. Kalifornisch ging es dann weiter mit dem eleganten, sehr balancierten 1996 Spottswoode Cabernet Sauvignon mit Schwarzkirsche, floralen Noten und feinen Kräutern, etwas Tabak und guter Struktur mit schöner Mineralität – WT95. Und auf beide Weine setzte dann aus diesem großen Kalifornien Jahrgang der schier unsterbliche, wunderbar balancierte 1987 Beringer Private Reserve mit dichter, dunkler, süßer Frucht, mit feiner Minze und mit enormer Kraft, Struktur und Länge noch eins drauf – WT97.

Und mit unserem letzten Wein landeten wir wieder am Anfang der Probe. Von diesem ultrararen 2016 De Sante Proof Red aus Kalifornien, dessen Reben auf diesem uralten Rebberg zwischen den weißen wachsen gibt es nur ein Barrique, also 264 Flaschen. Dieser sehr eigenständige, beeindruckende Wein hat Ähnlichkeit mit Cabernet, Petit Syrah und Syrah. Er hat viel reife, aber kühle Brombeere, ist sehr würzig und auch kräuterig, enorm druckvoll mit langem Abgang. Ja, das war eine richtige Rotwein-Freakshow, konservativ WT95. 2 Flaschen habe ich davon bekommen, also fast ein Prozent der Ernte. Die Zweite mache ich irgendwann in den nächsten 10 Jahren auf, natürlich wieder auf so einem Sommer Weinfest, denn dazu passt er.