Feuerwerk zum Feuerwerk

Ein Highlight ist jedes Jahr das große Feuerwerk zur Großen Düsseldorfer Kirmes. Und wir ließen es uns auch in diesem Jahr nicht nehmen, parallel dazu ein geniales Tischfeuerwerk zu machen, das mindestens so viele Aahs und Oohs verdiente. Ort des Geschehens war das Am Kai, das ehemalige Berens am Kai. Holger Berens hat den Michelin Stern abgegeben und den Namen des Restaurants etwas geändert. Geblieben ist Holgers schlichtweg geniale Küche. Das war mehr als nur sternewürdig, was wir da als großes Menü bekamen. Und natürlich glänze auch Barbara Beerweiler wieder, die gekonnt unsere Weine zu Flights zusammenstellte und perfekt in die Gläser brachte. Denn natürlich wurde auch hier bei dieser Best Bottle zunächst blind getrunken, was natürlich für mehr schöne Überraschungen sorgte.

Dem großen Namen machte der 1987 Le Montrachet von Baron Thenard keine Ehre. Er hatte noch viel Kraft und Fülle, aber wenig Charme. Mit der Zeit baute er im Glas aus, der Muff verschwand und etwas feiner, nussiger Schmelz kam. Aber mehr als WT89 kam da nicht wirklich. Wie heißt es so schön, „we should have met earlier“. Ganz anders der 1986 Grüner Veltliner Ried Spiegel Auslesewein vom Mantlerhof, „halbsüß“ mit 15,3% Alkohol. Als ich diesen Wein 1988 kaufte, wurde er als schlafender Riese bezeichnet und brauchte lange, bis er sich halbwegs öffnete. Jetzt ging die Farbe schon ins Güldene, dazu superreife Marille, auch etwas likörhaft, enorme Kraft, Dichte und Länge, schöne Süße, baute enorm im Glas aus – WT96. Fein, elegant und schlank mit floraler, kräuteriger Nase war der 2012 Silex Pouilly Fumé von Dageneau. Wurde mit der Zeit im Glas etwas fülliger mit guter Säure – WT93.

Zweimal große Überraschung im nächsten Flight. Ich hatte beim ersten Wein auf einen gut gereiften, großen Burgunder getippt. Der war so elegant und weich, so würzig, vom Stil her sehr burgundisch mit feiner, generöser Süße und schöner Länge. Aber es war ein 1971 Chateau de l´Estagnol aus Côtes-du-Rhone in einer Händlerabfüllung von Ets. Saint-Ferdinand – WT96. Große Klasse im anderen Glas wieder der maskuline, immer noch so kräftige 1928 Lanessan mit immer noch so dichter Farbe, von dem es am Tisch sofort hieß: Da kommt ein dickes Steak vom Grill. So würzig, so pfeffrig und kernig war dieser Lanessan mit immer noch guter Säure und erstaunlichem Tanningerüst, ging locker als 50 Jahre jünger durch. Ein echter klassischer 1928er war das, klare WT97. Ich habe diesen Wein, der zum Beispiel 2004 einen großartigen 28er Flight in meiner Raritätenprobe für sich entschied, jetzt über 30 Jahre verfolgt. Er scheint sich jeder Alterung zu widersetzen. Ältere Lanessans sind einfach eine Bank. Ich habe viele davon bis runter auf 1893 gehabt, die alle überzeugen konnten, zuletzt erst im letzten September ein 1922er.

Ein perfekt (an)gereifter Barolo Traum war der 2001 Barolo Casina Francia von Giacomo Conterno. mit noch kräftigen Tanninen, wunderbarer Kirschfrucht, Rosenblättern, Leder, Tabak und teeriger Mineralität. Sehr kräftig am Gaumen mit schöner Süße und langem Abgang, aber dazu mit burgundischem Charme und Eleganz - WT97. Auf gleichem Niveau kamen danach aus perfekt gelagerten Flaschen zwei 1970er vom Feinsten. Zum 1970 Latour-à-Pomerol notierte ich vor 12 Jahren „wird erst in 10+ Jahren richtig aufblühen“. Und das hat er inzwischen getan, aber wie! So ein kraftvoller Auftritt mit dunkler Kirschfrucht und Minze, so dicht und druckvoll mit klassischer Struktur, baute enorm im Glas aus und wird sich in gut gelagerten Flaschen noch lange weiterentwickeln – WT97. Auch der 1970 Lynch Bages war so ein richtiges Tier von Wein. So zupackend mit superdichter Farbe, mit viel Minze, unglaublicher Kraft und Fülle, dazu irre Länge – WT97.

Ein echter Jahrhundert Flight wird das mal werden, was wir jetzt etliche Jahre zu früh ins Glas bekamen. Immer noch ein echter Geheimtipp ist der 1986 Gruaud Larose, eine jüngere, sehr tanninige Version des 82ers. Ein gewaltiger Brocken ist das mit enormer Substanz, sicher auf dem Weg zur Perfektion, in der ich übrigens im letzten Jahr schon mal erlebt habe – WT96+. Das gilt auch für den 1986 Mouton Rothschild, der auf dem Weg zur Legende ist. Hier jetzt deutlich verschlossener als eine kürzlich getrunkene Halbe – WT97+. Beide Weine stammten aus dem Keller eines Freundes, der ähnlich kühl ist, wie meiner. Ich bin mir nicht sicher, ob die Weine lang genug vorher in der Karaffe waren und fürchte fast, dass nicht. Überragend schön zeigte sich der 1986 Lafleur. Eigentlich galt 1986 als klassisches Medoc Jahr. Aber nicht nur Petrus, auch dieser Lafleur wird immer besser. Meine erste Flasche aus dieser OHK habe ich vor 20 Jahren mit WT92++ bewertet. Aus der hier zeigte der Lafleur neben dem immer noch strammen Tanningerüst außer der typischen Aromatik aus Kräutern und Lakritz auch pflaumige Frucht, dunkle Schokolade und sogar einen allerersten Hauch feiner Süße – WT97+. Wie schön, dass noch 7 Flaschen in der Kiste sind. Das könnte mal ein ganz großer Lafleur werden.

Traumhaft schön auch der 1989 Grand Puy Lacoste, ein großer Pauillac, der sich ähnlich den Premiers weiterentwickelt und noch gewaltiges Langstreckenpotential haben dürfte, zeigte neben der feinen, betörenden Frucht, Zedernholz und guter Mineralität eine großartige Struktur – WT96. Im nächsten Glas, dann eine Jugendsünde, der wunderbare 1995 Sassicaia, ein echter Spätstarter, sehr elegant, aber immer noch mit gutem Tanningerüst und sicher spannender Zukunft – WT95. Den habe ich 1999 als OHK verkauft, weil er so zugeknöpft war. Schön blöd, aber das würde mir heute nicht mehr passieren. Die „Rewards of Patience“, die solche Weine mit der Zeit liefern, gibt es halt nur, wenn man die entsprechende Geduld aufbringt. Und als dritter landete in diesem Glas einer der rarsten und auch teuersten Weine in unseren Gläsern. Nur 360 Flaschen gibt es vom 2004 Crichet Pajé Barbaresco Riserva von Roagna mit dem schwarzen Etikett, derzeitiger Preis über € 5000. Wir hatten dank unseres edlen Spenders Flasche #34 im Glas. Wirkte immer noch sehr jung und für meinen Geschmack etwas überextrahiert, (zu)viel Barrique, (zu)viel Vanille, mit viel Luft kamen dann Rosenblätter, Kirsche, Leder und Kräuter. Gebe dann mal aus lauter Ehrfurcht WT96. Aber ich bin kein Freund dieser Wein-Exzesse und brauch so etwas so dringend wie eine Armbanduhr für € 800.000. Und über Preis-/Genussverhältnis muss man bei diesem Wein, der durchaus über die nächsten 10-20 Jahre noch etwas zulegen könnte, mit Sicherheit nicht reden.

Der 2001 Redigaffi von Tua Rita war ein immer noch so junger, balancierter Traum mit feiner, opulenter Brombeere in Bitterschokolade, bei aller Kraft so elegant, italienischer Merlot vom Feinsten mit immer noch sehr guter Zukunft – WT97. Gefiel mir im direkten Vergleich besser als der 2013 Colgin Carriad im anderen Glas. Auch das ein zweifelsohne großer, superdichter Wein, ein gewaltiges Fruchtkonzentrat, üppig, leicht marmeladig aber nicht überladen. Hat sogar Struktur und Klasse und ist wohl so eine Art Wein, an den wir uns gewöhnen müssen, Bordeaux nach 10 weiteren Jahren Klimawandel.