Weinleidenschaft im Passion du Vin

Wenn ein paar geniale Weinnasen tief in ihren Kellern graben und dann gemeinsam mit den „Herren Krieg“ ein gewaltiges Wein Feuerwerk abbrennen, dann wird das schlichtweg atemberaubend. So an diesem Abend im Passion du Vin, wo in dieser großartigen Best Bottle ein Höhepunkt den nächsten jagte.

Wir starteten als Apero mit einem immer noch frischen 2016 Carbonnieux Blanc. Der war floral mit Apfel, reifer Banane und Popcorn, dabei mineralisch mit guter Säure – WT90. Der 2004 Mon Plaisir Chardonnay von Peter Michael trug aus der famosen Magnum diesen Namen zurecht. Nach 20 Jahren zeigte der immer noch eine wunderbare Frische, reife, gelbe Frucht, nussige Aromen, schönen Schmelz und trotz heftigen Alkohols (14,6%) geradezu spielerische Eleganz mit burgundischen Konturen – WT96. Es ist schon erstaunlich, dass die großen kalifornischen Chardonnays den burgundischen Vorbildern nicht nur in der Aromatik, Eleganz und Finesse ebenbürtig sind, sondern mindestens gleich gut, wenn nicht teilweise sogar besser, altern. Deutlich reifer wirkte der allerdings auch 15 Jahre ältere 1989 Meursault Charmes Cuvée de Bahèzre-de-Lanlay vom Hospice de Beaune aus der Zeit vor Premox, als Weiße Burgunder noch gut und länger alterten. Der zeigte ein tiefes Goldgelb, war sehr würzig, leicht harzig mit dezenter Apfelnote und guter Säure. Hielt sich im Glas und baute gut aus – WT93.

Die beiden 47er aus St. Emilion zeigten, dass 77 Jahre kein Alter sind, und dass sich auch abseits des kaum noch bezahlbaren 1947 Cheval Blanc aus diesem heißen Jahrgang noch gut trinkbare Weine finden lassen. Der 1947 Grandes Murailles 1er Cru zeigte zwar dezente Reife in der Nase und wirkte etwas rustikal, war aber mit Herbstlaub, Unterholz und Pilzen mit guter Säure noch sehr schön trinkbar – WT92. Üppiger, fülliger, süßer mit leicht portiger Note war der deutlich frischere L´Arrosée, der im Glas sehr gut ausbaute und sicher noch eine gute Zukunft hat – WT94.

Spannend dann der Flight mit zwei 59ern aus Bordeaux. Die große Klasse des 1959 Leoville las Cases war fast zu erwarten, aber dass da ein 1959er Soutard aus St. Emilion fast dran kam, das war schon irre. Der Leoville las Cases in einer Barrière Abfüllung hatte noch eine superdichte, altersfreie Farbe, frische, animierende Rot- und dunkelbeerige Frucht, Minze, die Walnuss von Latour, enorme Kraft, Tiefe und Dichte. Zeigte großartige Länge, wirkte jünger und hätte sich sicher über Stunden im Glas weiterentwickelt, vielleicht auch noch mehr zugelegt – WT97. Das spricht sowohl für die Qualität des Las Cases als auch für die der damals sehr zuverlässigen Barrières Abfüllungen. Kaum zu glauben war die Qualität des eleganten, etwas schlankeren Soutard. Auch der wirkte immer noch so jung mit feiner Frucht, minzig, mineralisch und sehr balanciert – WT96. Und wo wir gerade beim Thema jung und altersfrei sind, der schlichtweg perfekte 1928 Rauzan-Gassies wurde blind am Tisch in die 90er geschoben wurde. Das war schon unglaublich, wie sich diese fast 100jährige Ikone präsentierte mit altersfreier Farbe, wunderbarer Frucht, so kräftig, aber auch mit diesem unvergleichlichen Margaux-Charme, dazu mit großartiger Struktur und immer noch präsenten Tanninen, einfach perfekt und ein klassischer, großer 1928er – WT100. Von drei verschiedenen Flaschen aus unterschiedlichen Quellen war das hier die beste. Wer heute an seinen Tanninmonstern aus 1986 verzweifelt, kann aus einer solchen Flasche Hoffnung schöpfen, vorausgesetzt, er ist jung genug. Sonst werden diese Weine halt die Kinder oder Enkel genießen.

Sehr nahe an der Perfektion auch der 1959 Corton von Remoissenet aus diesem großartigen Burgunderjahr. Tiefe, altersfreie Farbe, wunderbare, saftige, rotbeerige Frucht, feinster Mokka und dunkle Schokolade, so enorm viel Kraft, Tiefe und Dichte, einfach ein komplexer, immer noch vibrierender Wein mit großartiger Länge und fantastischem Trinkfluss – WT99.

Grosse Australien Klasse zeigten dann der 2004 Penfolds Grange und der 1989 Armagh von Jim Barry. Der Penfolds Grange, der zwischendurch eine etwas schwierige Phase hatte, erfüllt jetzt wieder die Versprechen der ersten Jahre. Jetzt war das ein gewaltiges, süchtig machendes Teil, mit geradezu explosiver Aromatik und dekadenter Opulenz, einfach ein unwiderstehlicher Genuss mit hedonistischer Pracht und Fülle, superber Frucht, aber auch mentholiger Frische und großartiger Struktur für eine längere Entwicklung – WT98. Der elegantere, finessigere Armagh musste sich dahinter nicht verstecken. Der wirkte noch so jung mit tiefer, süßer, Schwarzer Johannisbeere, mit Kraft und Länge und mit guter Säure und viel Spannung – WT96.

Schlichtweg sprachlos machte der taufrische, perfekte 1991 Maya, der bis dahin ganz klar der Wein des Abends war. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich diesen Maya 1995 an drei Tagen hintereinander (!) in Las Vegas im Spago als für mich perfekten Zwilling des jungen 1986 Mouton mit WT100 im Glas hatte. Und hier und jetzt, fast 30 Jahre später, zeigte sich dieser unglaubliche Maya praktisch unverändert – WT100. Das war wirklich absoluter Wahnsinn. Setzt natürlich perfekte Lagerung voraus. Wenn solch eine Ikone viel gereist ist und dann von einer Auktion kommt, kann solch ein Wein durchaus auch wie im letzten Sommer auf der Maya Masterclass eher etwas enttäuschend sein.

Und kam als Abschluss ganz großes Bordeaux Kino der wiederum perfekte, gigantische 1989 La Mission, ein mineralisch-ätherischer Traum mit Cigarbox ohne Ende, so unglaublich druckvoll, aber auch elegant und finessig und mit gewaltigem Rückgrat. Hat jetzt nach verschlossenerer Phase wieder die Klasse der ungestümen Jugend erreicht und dürfte eine sehr lange, glorreiche Zukunft haben – WT100. Was mich nicht minder faszinierte war direkt vor dem 89er ausgeschenkte 1990 La Mission, der dem eigenen 89er immer dichter auf den Fersen ist. Ein absoluter Traum, der sich als etwas reifere, zugänglichere, sehr elegante Version des perfekten 1989er präsentierte – WT99.